Keine Prozessführungsbefugnis der WEG für deliktische Ansprüche der Wohnungseigentümer
Dem vom OLG Frankfurt am Main mit Urteil vom 03.02.2025 entschiedenen Fall lag ein typischer Sachverhalt aus dem Bereich des Bauträgergeschehens zugrunde. Die Bauträgerin, eine GmbH, hatte ein aus der Zeit um 1900 stammendes Bestandsgebäude zu 8 Wohnungen um- und ausgebaut und diese dann nach Umwandlung in Wohnungseigentum an Dritte veräußert. Die Kaufverträge, die die Bauträgerin mit den einzelnen Erwerbern der Wohnungen geschlossen hatte sahen u.a. vor, dass „die Abnahme der Bauteile und Anlagen, die im sonstigen Gemeinschaftseigentum aller Miteigentümer stehen (gemeinschaftliches Eigentum) nach Fertigstellung durch den Käufer – nach Möglichkeit mit den weiteren Käufern der gesamten Wohnanlage – erfolgt. Zur Vornahme dieser Abnahme wird der Verkäufer zuvor mit dem Verwalter unter Hinzuziehung eines amtlich bestellten Bausachverständigen eine technische Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums vornehmen. Die Kosten des Sachverständigen tragen der Verkäufer und die Eigentümergemeinschaft zu gleichen Teilen. Danach wird der Verkäufer dem Käufer das Protokoll über die technische Abnahme zukommen senden mit der Aufforderung, an der rechtsgeschäftlichen Abnahme binnen einer Frist – mindestens 14 Kalendertage – mitzuwirken“.
Die Bauträgerin beauftragte einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Schäden an Gebäuden zur Beratung bzw. Begleitung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Der Auftrag umfasste dabei nicht die umfassende technische Abnahme des Gemeinschaftseigentums und auch nicht die Abnahme der Heizungsanlage oder die Überprüfung technischer Gewerke. In dem nach einer Vor-Ort-Begehung erstellten Protokoll stellte der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige fest, dass nach dem Abschluss des Begehung des Gemeinschaftseigentums am ….. festgestellt werde, „dass sich das Gemeinschaftseigentum nach Fertigstellung der Restleistungen und Beseitigungen kleinerer Mängel in einen abnahmefähigen Zustand befinde“.
Die Bauträgerin teilte mit einem von ihrem Geschäftsführer unterzeichneten Schreiben den Erwerbern Termine zur Vorbereitung der Abnahme und zur Abnahme mit und führte aus, dass gem. der im Kaufvertrag näher bezeichneten Regelungen die letzten Kaufpreisraten gegen mangelfreie Übergabe zur Zahlung fällig sein“. Die Erwerber zahlte die angeforderten Kaufpreisraten jeweils.
Aufgrund von später gerügten Geräuschbelästigungen der Heizungsanlage ließ die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Gutachten durch einen Sachverständigen erstellen, aus dem sich konstruktive Heizungsanlage und Warmwasserversorgung ergaben.
Gestützt auf Beschlüsse der Wohnungseigentümer verlangte die Wohnungseigentümergemeinschaft nunmehr u.a. vom Geschäftsführer der Bauträgerin persönlich im Wege des Schadensersatzes die Rückzahlung von geleisteten Kaufpreisraten, weil er insbesondere wegen des Mangels an der Heizungsanlage die Erwerber über die Fälligkeitsvoraussetzungen getäuscht habe. Von dem mit der Vorbereitung der technischen Abnahme beauftragten öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen verlangte die Wohnungseigentümergemeinschaft Schadensersatz in Höhe der von den einzelnen Erwerbern jeweils gezahlten letzten Kaufpreisraten, weil die Stellungnahme zur vermeintlichen Abnahmefähigkeit des erstellten Gemeinschaftseigentums nach Ansicht der Wohnungseigentümergemeinschaft unrichtig gewesen sei.
Ebenso wie das Landgericht Frankfurt am Main, hat auch das OLG Frankfurt am Main die Klage vollumfänglich abgewiesen.
Bei den gegenüber dem Geschäftsführer der Bauträgerin geltend gemachten Schadensersatzansprüchen handele es sich um deliktische Individualansprüche, die die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft weder durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen, noch im Wege der gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen könne. Ansprüche auf Rückzahlung vorgeblich zu Unrecht gezahlter Kaufpreisraten seien von vorne herein nicht gemeinschaftsbezogen, weil sie nicht notwendigerweise der Mangelbehebung dienten und auch nicht untereinander zusammenhängen. Aus den gleichen Gründen scheitere auch eine gewillkürte Prozessstandschaft, weil es sich bei dem geltend gemachten Schadensersatzansprüchen um nicht entsprechend zweckgebundene deliktische Individualansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer gegen Dritte handle und es letztlich im Obsiegensfall den Wohnungseigentümern überlassen bleibe und bleiben müsse, wie die Mittel verwendet werden sollen. Der WEG stehe daher keine anerkennenswertes bzw. schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse des Verbandes der Wohnungseigentümer (WEG) zu.
In tatsächlicher Hinsicht verneint der Senat auch eine hinreichend greifbare Vorwerfbarkeit in Form einer Kenntnis bzw. einer fahrlässigen Nichtkenntnis von einer etwaigen Heizungsanlagenfehlkonzeption als wesentlichem Mangel, so dass auch die Voraussetzungen für mögliche Ansprüche gem. § 823 Abs. 2 BGB bereits nicht vorlägen.
Für den die technische Abnahme durchführenden öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen verneint der Senat ebenfalls die Prozessführungsbefugnis der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft, weil es sich um individuelle Zahlungsschäden der einzelnen Erwerber handelt.
Weiterhin stand der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem öffentlich bestellten die geltend gemachten einzelnen Schadensersatzansprüche hätten stützen können. Die von einem mit der Vorbereitung der Abnahme beauftragten öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständige für Gebäudeschäden zu erwartende Prüfdichte erstreckte sich nur auf die seitens der Wohnungserwerber gerügten Mängel sowie auf solche Mängel, die bei dem Ortstermin im Rahmen einer Sichtabnahme vergleichbarer Werke erkennbar sind. Weitere Verpflichtungen, etwa zur Hinzuziehung von Untersachverständigen für die jeweiligen Fachgewerke oder zu einem Hinweis auf die Beschränkung der Tätigkeit auf sein Fachgebiet, war vom öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Gebäudeschäden ohne gesonderte Vereinbarung demgegenüber nicht geschuldet, unabhängig davon, ob die Erwerber in den Schutzbereich des vom Bauträger abgeschlossenen Gutachtensvertrages einbezogen sein sollten.